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„Manchmal gibt es Zeiten, da darfst du einfach nicht schlafen“, lacht Martina, wenn sie auf die letzten Wochen zurückblickt. 2 Schnitte liegen bereits hinter ihr und ihrer Familie, für eine perfekte dritte Heuernte bräuchte es noch dringend Regen. Als Heumilchbäuerin mit 24 Heumilchkühen mit Nachzucht betreibt die passionierte junge Frau die traditionelle Wirtschaftsweise, wie sie schon seit hunderten von Jahren im Alpenraum üblich ist.
Stück für Stück zur Ernte
Das bedeutet, dass die Grünflächen – bei Martina sind es 23 Hektar – in mehreren Abschnitten zu unterschiedlichen Zeitpunkten gemäht werden (mehr zur mosaikartigen Bewirtschaftung erfährst du hier). So wird sichergestellt, dass die Gräser und Kräuter das ideale Reifestadium erreichen können und gleichzeitig immer genügend Lebensraum für die regionale Tierwelt bestehen bleibt. „Auf unseren Weiden gibt es immer Bereiche, in denen Blumen und Gräser blühen“, sagt die Heumilchbäuerin. Neben Bienen, Schmetterlingen und vielen anderen Insekten schätzen auch Hasen und Rehe das hohe Gras als Futterquelle und Versteck. „In diesem Jahr haben wir öfters ein Reh mit seinem Kitz beobachtet, das sind besonders schöne Begegnungen“, erzählt Martina.
CO2-Speicher Boden
Nicht nur für die Artenvielfalt und den Erhalt der heimischen Tierwelt sind die Wiesen und Weiden wichtig: Nachhaltige Grünlandnutzung führt zu einem hohen Humusgehalt im Boden, der dadurch sehr gut CO2 speichern kann. Außerdem speichern humusreiche Böden mehr Wasser. Für das optimale Pflanzenwachstum ist regelmäßiger Niederschlag trotzdem unerlässlich. „In diesem Jahr hat es bei uns in der Steiermark noch zu wenig geregnet, deshalb haben wir einige Flächen länger stehen gelassen. Vor dem dritten Schnitt im Spätsommer sollte es deshalb noch ausreichend regnen“, hofft Martina.
Nachhaltige Kreislaufwirtschaft
Nur viel Arbeit, Erfahrung und auch eine Portion Glück ermöglichen eine reiche Heuernte: „Wir beginnen schon im Frühjahr mit dem Ausbringen des eigenen Düngers, um die Böden optimal vorzubereiten. Hier beginnt der Kreislauf der Heuwirtschaft. Die Ausscheidungen der Heumilchkühe werden gesammelt (mehr über Martinas hochmodernes Gülle-Management mit Mist-Roboter liest du hier). Dieser wertvolle Dünger ermöglicht ein kräftiges Pflanzenwachstum. Gleichzeitig sorgen die Heumilchkühe durch das Grasen auf den Weiden für Wachstumsimpulse und Bodenfruchtbarkeit. Kräftig wachsende Gräser und Kräuter werden nach dem Schnitt durch Trocknung wieder zu Heu, das die Kühe in den Wintermonaten ernährt. Hier schließt sich der Kreis wieder“, erklärt die Heumilchbäuerin.
Beste Heuqualität
Regelmäßiges Düngen mit Augenmaß bereitet den richtigen Boden für nährstoffreiches Futter. Idealerweise werden die Gräser und Kräuter geschnitten, wenn der Energie- und Eiweißgehalt der Pflanzen hoch ist. Genau zu diesem Zeitpunkt des natürlichen Wachstums zu mähen, ist jedoch oft eine Herausforderung. Wenn es an die Mahd geht, ist Feuchtigkeit nämlich der größte Feind des Heus. „Es entstehen oft richtige Diskussionen, ob wir jetzt mähen sollen oder nicht“, schmunzelt Martina. Denn nur wenn der Boden ausreichend trocken ist und das Wetter auch noch einige Tage stabil bleibt, gelingt die Heuernte. Ein nasser Untergrund sorgt für Verschmutzungen im Heu. Zudem bleiben die geschnittenen Gräser noch ein bis zwei Tage auf den Weiden liegen, bevor sie auf den Heuboden kommen. „In dieser Zeit darf es nicht regnen. Das Heu wird mindestens zweimal gewendet und dann zu ‚Riedeln‘ zusammengerecht und in den Heustadl eingefahren. Das ist meist meine Aufgabe“, erklärt Martina.
Trocknung mit der richtigen Technik
Die Ernte wird im Heustadl mit Hilfe einer Kaltbelüftung nachgetrocknet. Die Temperatur des Heustocks wird dabei ständig überwacht. „Das ist eine eigene Kunst und braucht viel Feingefühl. Deshalb plane ich, im kommenden Jahr in unserem alten Stall eine Warmluft-Trockenanlage einzubauen, um Verluste zu vermeiden“, blickt Martina auch hier in die Zukunft.
Ein arbeitsreicher Sommer
Bei allem Nervenkitzel genießt die Heumilchbäuerin die Sommermonate: „Da unser Jungvieh im Sommer auf der Alm ist und auch die erwachsenen Kühe viel Zeit auf den Weiden verbringen, ist die Arbeit im Stall etwas leichter. Und ich freue mich einfach jedes Mal, wenn ich auf dem Traktor sitze. Aufgrund der mosaikartigen Bewirtschaftung gibt es bis in den Herbst hinein immer etwas zu mähen. Wenn man dann vor dem gut gefüllten Heuboden steht, macht das schon stolz. Man sieht, was man im Sommer alles geschafft hat“, berichtet Martina von den Früchten ihrer Arbeit. Vermisst sie Auszeiten oder Entspannung im Sommer, wie sie die meisten Menschen gerne genießen? „Nicht wirklich. Für mich geht es selten an den Badesee und auch nicht in den Urlaub – ich muss halt im Winter in die Therme“, lacht die Landwirtin, die ihren Alltag und interessante Informationen zur Heu- und Landwirtschaft auch auf Instagram teilt:
@landwirtin_van_aukoenig
© Alle Bilder: Martina Hopf