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Die Heumilchwirtschaft war bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts die vorherrschende Art der Milchproduktion in Österreich. Mehr als 80% der gesamten Milchmenge stammte von Betrieben, die ihre Tiere im Sommer mit Gräsern und Kräutern und im Winter mit Heu fütterten. Dies änderte sich rasant im Zuge von neuen landwirtschaftlichen Produktionsweisen und gesellschaftlichen Zielsetzungen. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts lag der Anteil von Heumilch nur mehr bei 15%. Karl Neuhofer, Gründer und heutiger Obmann der ARGE Heumilch sah 2004 dringenden Handlungsbedarf, um diese besondere Form der Milchwirtschaft und damit verbunden die Vorteile für die Käseherstellung zu erhalten: „Im Westen Österreich gab es noch vergleichsweise viele Heumilchbetriebe, die wir unterstützen wollten. Mit der Gründung der ARGE Heumilch konnten wir erstmals Bauern, Verarbeiter und Vermarkter, die eigentlich in einer Wettbewerbssituation standen, in einer Organisation bündeln. So entwickelte sich die ARGE zum zentralen Sprachrohr und zur Interessenvertretung der Heumilchbetriebe in Österreich.“ Durch die gemeinsame Vermarktung – Heumilchbetriebe leisten freiwillige Beiträge für professionelles Marketing und erhalten dadurch einen höheren Milchpreis – so wie durch den Erhalt der Ausgleichszahlungen können die Betriebe in die Zukunft investieren. Tiergerechte Ställe sowie eine nachhaltige und moderner Heutrocknungsanlagen mit Photovoltaik stehen dabei im Mittelpunkt.
Entscheidungen auf wissenschaftlicher Basis
Eine der Maxime der Heumilch lautet, alle Maßnahmen überlegt und wissenschaftlich fundiert umzusetzen. Bereits 2015 wurden mit der ersten Versuchs- Heutrocknungsanlange hervorragende Ergebnisse zu Wirtschaftlichkeit, Qualität und Produktion erzielt. Sie lieferten die Basis zur Weiterentwicklung der nachhaltigen Heuproduktion und damit zur Vermeidung von fossilen Betriebsmitteln. Ob Artenschutz, Bindung von Kohlenstoff im Boden oder Tierwohl: Studien von renommierten Institutionen wie der Universität für Bodenkultur in Wien oder der Höheren Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft Raumberg-Gumpenstein legen bis heute den wissenschaftlichen Grundstein für die Weiterentwicklung der Heumilchwirtschaft.
Selbstbestimmt arbeiten und leben
Karl Neuhofer erklärt stolz: „Die Grundlage unseres Wirtschaftens ist unser Heumilch-Regulativ, eine Produktionsrichtlinie für alle Heumilchbäuerinnen und Bauern. Es ist eine Art „Reinheitsgebot“ und liegt in bäuerlicher Hand“. Und es war das zentrale Element für den Erhalt des EU-Gütesiegels g.t.S. 2016 und damit für den Schutz von Heumilch in Europa.
Grenzüberschreitende Zusammenarbeit
Auch in Bayern und Baden-Württemberg gab es noch Heuwirtschaft. 2014 wurde daher die ARGE Heumilch Deutschland gegründet. Markus Fischer, Mitgründer und Obmann: „Wir sahen in Österreich, welches Ergebnis durch eine starke Interessensvertretung für familiengeführte Heumilch-Betriebe erreicht werden konnte. Da war schnell klar, dass wir das auch in Bayern und Baden-Württemberg brauchen.“ Zahlreiche Bauern und Verarbeiter waren von Beginn an mit dabei und so konnten auch in Süddeutschland rasch Erfolge erreicht werden. Durch der gemeinsame Vermarktungsoffensive der beiden Arbeitsgemeinschaften gelang es, Heumilch in Deutschland zu erhalten.
Heumilchbauer Markus Fischer gilt heute als Vorreiter in der Region. Die Vorzüge der Heumilch führten zu einer kompletten Umgestaltung seines Hofes und der Produktionsweise. „Für meine Nachfolgergeneration sind die Heumilch und die Heuwirtschaft der Hauptgrund den Hof zu übernehmen. Sie sind von der Art der Erzeugung dieser Spezialmilch überzeugt und begeistert. Auch meine Nachbarsbetriebe haben inzwischen auf Heuwirtschaft umgestellt“, freut sich Fischer.
Immer der Zeit voraus
Ein Meilenstein für Heumilch war in diesem Jahr die Verleihung zum landwirtschaftlichen Weltkulturerbe seitens der FAO. „Das spornt uns besonders an, um die Heuwirtschaft für künftige Generationen zu erhalten“, sind sich Neuhofer und Fischer einig. Heumilch gilt als klimafreundliche und nachhaltige Milchsorte. Die daraus erzeugten Milch- und Käsespezialitäten bringen neben Genuss viele Vorteile für Klima und Artenvielfalt. „Dies weiterhin den Konsumentinnen und Konsumenten zu erzählen, ist unsere Hauptaufgabe, um Heumilchbetriebe erfolgreich in die Zukunft zu führen“, erläutern Neuhofer und Fischer.